Ausgehend von der Schmerzlokalisation (Anamnese) sind differentialdiagnostische Überlegungen erforderlich. Kinder ab dem 5./6. Lebensjahr können die Symptomatik "Bauchschmerzen" im Allgemeinen selbst lokalisieren und Schmerzen über der Harnblase bzw. von der Flanke ausgehend beschreiben.
Bei Säuglingen und Kleinstkindern sind Angaben durch die Eltern notwendig.
Dem Krankheitsbild akutes Abdomen kommt erhebliche klinische Bedeutung zu.
Definition
Die Entwicklung dieser Bauchsymptomatik ist gekennzeichnet durch Übelkeit, Erbrechen, Obstipation und akute Schmerzen (als Leitysmptom). Darüberhinaus liegt ein reduzierter Allgemeinzustand, Fieber und eventuell Schocksymptomatik vor.
Bei der körperlichen Untersuchung fällt die Abwehrspannung der Bauchdecke, lokaler oder diffuser Druckschmerz auf. Auskultatorisch finden sich hochgestellte, vereinzelte Darmgeräusche oder "Stille" bzw. Hyperperistaltik. Bei dieser Symptomatik sind organische Ursachen zu vermuten und eine gezielte Diagnostik notwendig.
Die Tabelle zählt verschiedene differentialdiagnostische Erkrankungen bei entsprechender Schmerzlokalisation im Gesamtbild des akuten Abdomen auf (Tabelle 1) Literatur:Beger, H. G., Oettinger, W., Kunz, R.: "Akutes Abdomen" in Häring, R., Zilch, H.: "Diagnose und Differentialdiagnose in der Chirurgie", Chapman &Hall London, 1995.
Rechter Oberbauch | Mittelbauch | Linker Oberbauch |
subhepat. Abszess | Appendizitis | subphren. Abszess |
Pyelonephritis | Gasteroenteritis | Pyelonephritis |
pararenaler Abszess | pararenaler Abszess | |
Rechter Unterbauch | Linker Unterbauch | |
Appendizitis, perityphlitischer Abszess | Kolitis | |
Adnexitis | Adnexitis | |
Extrauteringravidität | Extrauteringravidität * | |
Harnleiterstein | Harnleiterstein |
Von Bedeutung sind in diesem Kontext die intraabdominalen Abszesse wie in Tabelle 1 aufgeführt.
Differentialdiagnostisch kommen von diesen Abszessen folgende in Frage:
subphrenisch, -hepatisch bzw. perityphitsch
Beispielhaft die Kasuistik eines perityphlitischen Abszesses mit röntgenologisch nachweisbarer Harnabflussbehinderung rechts - Verdacht auf Harnleiterstein.
Der junge Mann kam wegen Verdacht auf Appendizitis und Harnstauungsniere rechts zur Aufnahme. Anamnestisch bestanden seit 3 Wochen rezidivierende Schmerzen im Mittel- Unterbauch rechts, seit vier Tagen zunehmende Koliken.
Die Untersuchung ergab einen erheblichen Druckschmerz mit punctum maximum über dem Mc-Burney. Weitere Befunde waren: Fieber 38,5 sowie eine Leukozytose von 18000. Die Sonographie des rechten Unterbauches ergab ein kokardenähnliches Bild mit Verdacht auf perityphlitischen Abszess. Die Sonographie ergab weiterhin eine rechtsseitige Harnstauungsniere (Abbildung 8a). Im Ausscheidungsurogramm (wegen des Verdacht auf Harnstein) zeigte sich eine mittelgradig weitgestelltes Nierenhohlraumsystem und oberer Harnleiter. Die Harnleiterdarstellung brach am Übergang vom mittleren zum unteren Harnleiterdrittel ab (Abbildung 8b) Wegen des dringenden Verdachtes auf einen perityphlitischen
Abszess erfolgte die Laparotomie, wodurch die Verdachtsdiagnose "Perityphlitischer Abszess" bestätigt wurde. Ein AUR in der postoperativen phase ergab glatte Harnabflußverhältnisse (Abbildung 8c) Literatur:Harnoß, B. M.: "Chirurgische Infektionen" in Häring, R., Zilch, H.: "Diagnose und Differentialdiagnose in der Chirurgie", Chapman &Hall London, 1995
"Roche Lexikon Medizin", 4. Auflage, Urban und Schwarzenberg München, 1999
Hervorzuheben sind Schmerzen im rechten Unterbauch (Abbildung 9). Sie bedürfen eines differentialdiagnostischen Vorgehens, insbesondere im Hinblick auf eine Appendizitis (Abbildung 10).
Die Differentialdiagnostik des rechtsseitigen Unterbauchschmerzes umfasst neben der Appendizitis Krankheitsbilder wie Harnleiterstein, Adnexitis, Extrauringravidität, Blutung aus Adnexzysten, Ileus und Enteritis (s. Abbildung 9) Literatur:Weitzel, H. et al: "Akutes Abomen in der Gynäkologie und Geburtshilfe" in Häring, R. und Zilch, H.: "Diagnose und Differentialdiagnose in der Chirurgie und benachbarten Fachgebieten", Chapman &Hall London, 1995.
Der Computertomographie kommt für die Differentialdiagnose des "akuten Abdomen" bei Kindern und Jugendlichen eher eine Nebenrolle zu. Einfachere Methoden wie Sono- bzw. Abdomenübersicht haben größere Bedeutung.
Bei älteren Erwachsenen ist das Computertomogramm dagegen beispielsweise zur Akutdiagnostik bei Verdacht auf Pankreatitis (Nekrotisierende) oder Divertikulitis mit Perforationsgefahr von Wichtigkeit Literatur:Beger, H. G., Oettinger, W., Kunz, R.: "Akutes Abdomen" in Häring, R., Zilch, H.: "Diagnose und Differentialdiagnose in der Chirurgie", Chapman &Hall London, 1995.