Das Karzinoma in Situ stellt das präinvasive Stadium aller Hodentumoren dar (Abbildung 2).
Präkanzerosen der Hodentumoren sind gonozytenähnliche Formen intratubulärer Keimzellneoplasie: Karzinoma in Situ (CIS), testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN), intratubuläre Germzell-Neoplasie unclassified type (IGCNU) Literatur:Ulbright, T. M.: "Neoplasm of Testis", in Bostwick, D.G. und Eble, J.E.: "Urologic surgical pathology", Mosby St. Louis, 1997. Die Keimzelltumoren (größte Gruppe der Hodentumoren) gehen aus atypischen Keimzellen hervor, die basal innerhalb der Tubuli liegen (Abbildung 3).
Die atypischen intratubulären Keimzellen sind von klarem Zytoplasma mit großen Zellkernen, z.T. mit unregelmäßigem Chromatin und multiplen Nukleolen (Abbildung 3a,b, s. auch Abbildung 5) (s. Hodentumoren bei Jugendlichen/Kasuistik 1).
Die Abbildung zeigt schematisch die Histogenese des germinalen Hodentumors und der zentralen Stellung von CIS (Abbildung 1) Literatur:Dieckman, K.-P.: "Die kontralaterale Biopsie beim Hodentumor - Ein Plädoyer dafür", Der Urologe, 39, 260-266, 2000.
Der Nachweis dieser Zellen ermöglicht eine präinvasive Diagnose des Hodenkarzinoms. Beim Nachweis einer TIN ist mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Entwicklung eines Hodenkarzinoms zu rechnen und zwar muss angenommen werden, dass über 50% der Patienten mit CIS innerhalb von 5 Jahren ein Hodenkarzinom entwickeln. Die Prävalenz der CIS beträgt für Risikogruppen (Maldeszensus Testis, Kryptorchismus) bzw. unilateraler Hodentumor 3-6% Literatur:Giwercman, A. et al: "Carcinoma in situ of the Testis", EBU Update Series, 3, 1994. Die Häufigkeit von zwei Tumoren in den Hoden beträgt 5%, bei Patienten mit Hodentumoren höher (annähernd 35%) (
s. Embryonales Karzinom/Kasuistiken 1 und 2).
Zur Diagnostik des Karzinoma in Situ ist eine offene Hodenbiopsie notwendig (Abbildung 4) Literatur:Giwercman, A. et al: "Carcinoma in situ of the Testis", EBU Update Series, 3, 1994.
Untersuchungen zur Anwendung der Feinnadelbiopsie wurden durchgeführt (Abbildung 5). Ihre Aussagefähigkeit (Sensitivität) ist aber noch nicht ausreichend gesichert. Mit Rücksicht auf ihre geringe Invasivität ist die Verwendung als Screening-Methode aber zu diskutieren Literatur:Giwercman, A. et al: "Carcinoma in situ of the Testis", EBU Update Series, 3, 1994
Nelde, H.-J., Grosse, J. O., Wilbert, D. M., Bichler, K.-H.: "Die Aspirationsbiopsie in der Diagnostik des Karzinoma in Situ des Hodens", Südwestdeutscher Urologenkongress 1993 Heidelberg.
Die sonstigen diagnostischen Möglichkeiten beim Karzinoma in Situ sind eingeschränkt. Die Palpation des Hodens ergibt keinen Hinweis. Eventuell die Feststellung eines deutlich verkleinerten Organs. Im Ultraschall finden sich mitunter irreguläre Echostrukturen, z.B. Mikrolithiasis ("Schneegestöber"). Wie bei diesem Patienten mit CIS im rechten Hoden (Abbildung 6).
Nach Peterson und Costabile ist die testikuläre Mikrolithiasis (TM) allerdings häufig in einem Normalkollektiv zu finden. Ein Keimzelltumor ist bei der Mehrzahl der Männer mit TM nicht feststellbar Literatur:Peterson, A. C., Costabile, R. A. et al: "The prevalence of testicular microlithiasis in an asymptomatic population of men 18 to 35 years old", J Urol 166, 2061-2064, 2001. Bei Vorliegen einer TM sollte der betreffende darauf hingewiesen werden, regelmäßig eine Selbstpalpation des Hodens vorzunehmen und bei Abnormitäten den Urologen aufzusuchen.
Die therapeutische Konsequenz beim Karzinoma in Situ ist abhängig vom Lebensalter: Präpubertal oder Adult. Beim Erwachsenen ist die Entfernung des Hodens bzw. Bestrahlung angezeigt. Die Orchidektomie kommt insbesondere im Falle eines maldeszendierten Hodens und CIS-Nachweis in Frage. Die Strahlenbehandlung bewirkt die Eliminierung der atypischen Keimzellen, führt zwar zur Infertilität, erhält aber die Leydig-Zwischenzellen (Testosteron!).
Im Kindesalter (z.B. bei Maldeszensus) sind generelle Regeln nicht aufstellbar. Hier ist individuelle Anpassung an die Gegebenheiten des jeweiligen Patienten notwendig. Verlaufskontrollen mit wiederholter Biopsie nach der Pubertät sind ein Kompromiss Literatur:Giwercman, A. et al: "Carcinoma in situ of the Testis", EBU Update Series, 3, 1994.
Zu den Stromatumoren gehören Leydigzell- bzw. Sertolizellgeschwülste (Abbildung 7a,7b).
Als Beispiel der malignen Lymphome: Immunoblastisches Lypmhom (Retothelsarkom) des Hoden (Abbildung 7b), die jedoch fast ausschließlich im höheren Erwachsenenalter beobachtet werden Literatur:Bichler, K.-H. et al: "Lymphoretikuläre Sarkome des Hoden und Nebenhoden", Aktuelle Urologie, Band 5, 4, 221-228, 1974.