Die Pubertät setzt im Allgemeinen bei Jungen zwischen dem 9. bis 14. Lebensjahr ein. Eine verzögerte Pubertät ist anzunehmen, wenn ab dem 14. Jahr die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale nicht eintritt. In 0,5% bis 1% dieser Jungen tritt dann doch noch spontan der Pubertätsprozess ein.
Zeigt sich beispielsweise ein Verdacht auf Pubertas tarda (Adipositas, kleine Hoden) mit erniedrigten LH und Testosteron, so ist ein GNRH-Test angezeigt s. Männlicher Genitaltrakt/Penis und Skrotum/Abbildung 8. Kommt es hierbei zu einem normalen LH sowie zu einem erhöhten FSH-Anstieg, ist ein Zuwarten unter Kontrolle zu vertreten. Mit einem Eintritt der Pubertät ist zu rechnen.
Bei niedrigem Testosteron und hohem LH und FSH muss an ein Fehlen der Gonaden gedacht werden. Zeigt der hCG-Test einen Anstieg von Testosteron, ist eine Behandlung mit hCG angezeigt.
Als Beispiel ein 10 Jahre alter, adipöser Junge mit ortothop liegenden Hoden beiderseits (Hodengröße 2 bis 3 ml). Zur Frage einer Pubertas tarda wurden Testosteron (0,00 ng/ml), LH (0,00) und FSH (1,2 mIU/ml) bestimmt.
Im GNRH-Test nach 100 mIU GNRH ergab sich ein normaler Anstieg von LH und ein erhöhtes FSH. Die hormonale Fehlregulation der Hypophyse war als präpubertär anzusehen. Die Kontrolle der Laborwerte nach einem Jahr zeigte einen altersentsprechenden Anstieg von Testosteron und LH. Eine Behandlung war deshalb bei dem Jungen nicht erforderlich.
In einer weiteren Kasuistik bei einem älteren Jungen fanden sich folgende Verhältnisse.
14 Jahre alter adipöser Junge mit Gynäkomastie. Palpatorisch fanden sich kleine, präpubertäre Hoden von jeweils zwei Millilitern Größe. In der Sonographie ein homogenes Binnenreflexmuster (Abbildung 4).
Der Hormonstatus ergab bei Wiederholung einen präpubertären Befund: LH 0,0 mIU/ml (Norm: 1,5-9,2 mIU/ml); FSH 0,0 mIU/ml (Norm: 1-14 mIU/ml), Testosteron 0,0 µg/ml (Norm: 2,5-9 µg/ml).
Aufgrund der persistierenden präpubertären Hormonverhältnisse wurde zu Kontrolle der Hypothalamus-Hypophysen-Hoden-Achse (s. Abbildung 1) ein GNRH-Test (Gonadotropin-Releasing-Hormon-Test) (100 µg GNRH) durchgeführt. Es kam zum Anstieg von LH und FSH, sodass eine konstitutionelle Pubertas tarda anzunehmen war. Im weiterhin erfolgten hCG-Test (5000 IU Pregnesin ®) fand sich als Ausdruck der Leydig-Zell-Stimulation ein Testosteron-Anstieg.
Mit Hinsicht auf das Alter des Jungen haben wir eine HcG-Behandlung von 2 mal 2500 IU Pregnesin pro Woche über 2 Monate durchgeführt. Darunter kam es zu einem Anstieg von Testosteron und normaler Pubertätsentwicklung.
Beim Ausbleiben der sexuellen Reife ist an einen Hypogonadismus zu denken, im Gegensatz zur verzögerten Pubertät.
Zu unterscheiden ist ein primärer Hypogonadismus: Fehlen der Gonaden (Anorchie), Gonadenagenesie (s. Störungen der Geschlechtsdifferenzierung) und ein sekundärer Hypogonadismus wobei ursächlich eine Störung der hypothalamischen GNRH-Sekretion zugrunde liegt. Zum Beispiel durch Tumoren im Zwischenhirn bzw. durch einen genetischen Schaden (Autosomal-dominante Vererbung des idiopathischen, hypogonadotropen, Hypogonadismus)
Literatur:Behre, H. M. et al: "Störungen im Bereich des Hypothalamus und der Hypophyse" in Nieschlag, E, Behre, H. M.: "Andrologie", Springer Berlin, 2000. Daraus resultiert eine fehlende Gonadotropinausscheidung und konsekutiv Ausfall der LH- und FSH-Sekretion, was zum Ausbleiben der Pubertät führt.
Die Diagnostik umfasst die Gonadotropinbestimmung im Serum bzw. einen GNRH-Test (s. Männlicher Genitaltrakt/Penis und Skrotum/Mikropenis). Im Kindesalter findet sich bei der primären Form ein hoher Gonadotropinwert bzw. im Test ein abnormer Anstieg.
Bei dem primären Hypogonadismus (Anorchie) steigt der Testosteronspiegel nach Gabe von hCG nicht an. Mit Hilfe des Tests kann bereits im Kleinkindesalter eine Anorchie von einem Kryptorchismus abgegrenzt werden.
Beim sekundären Hypogonadismus ist das langzeitliche Fehlen der GNRH-Stimulation der Hypophyse ursächlich für den fehlenden Gonadatropinanstieg im GNRH-Test. Testosteron- und Östrogenspiegel sind niedrig.
Die Behandlung besteht in der Anwendung von gonadotropen Hormonen.
Jungen erhalten ab dem 13. Lebensjahr ein hCG-Präparat bzw. Testosteron und ab dem 15. Jahr Depot-Testosteron.